Geschichten\Mein Weg zum Weltmeister
Als ich im "zarten" Alter von 51 mit dem Bogenschießen begann, dachte ich nicht im Traum daran jemals ein Weltmeisterstockerl zu besteigen.
Wie es dazu kam möchte ich nun hier erzählen. Wie so oft, spielte auch hier der Zufall mit.

Im Frühjahr des Jahres 2002 fuhren ich und meine Anglerfreunde wieder einmal einige Tage nach Ungarn zum fischen.
Da wir hier auf Privatbesitz, nahe der Serbischen Grenze, zelten durften war uns sehr angenehm und wir konnten tun und lassen was wir wollten.
Aber bereits am zweiten Tag machte sich Langeweile breit, da wir nur geringen Fangerfolg hatten.
Andy, der jüngste unserer Anglerrunde und den Lesern meiner Homepage schon bekannt, stand plötzlich auf, ging zu seinem Wagen und holte aus dem Kofferraum einen Compoundbogen. Das ist ein Bogen mit Übersetzungstechnik, also ein technisch ausgefeiltes Ding.
Wir anderen staunten nicht schlecht, da wir bis zu diesem Zeitpunkt nichts von Andys zweiten Hobby, dem Bogenschießen, wussten.
Natürlich waren wir neugierig und kamen Andys Aufforderung, mal zu schießen, nur zu gerne nach.
Wir waren froh über die Abwechslung und vertrieben uns die Zeit mit Zielschießen auf leere Bierdosen, die ja reichlich vorhanden waren ;-)
Mich faszinierte das schießen mit Pfeil und Bogen und bemerkte mit Erstaunen, dass ich die Dosen meistens traf und dies ohne Visieraufsatz wie es normalerweise bei einem Compound zur Standartausrüstung gehört. Ich schoss also Erstmals "Instinktiv".

Am Nachmittag des nächsten Tages war es leider wieder an der Zeit um die Zelte abzubrechen und die Heimreise anzutreten.
In Österreich angekommen verabschiedeten wir uns voneinander mit dem Versprechen "bis zum nächsten Mal".

Zuhause angekommen war mein erster Weg zu meinem Computer um sogleich im Internet einen Bogenhändler in der Nähe zu suchen und wurde auch schnell fündig.
Die "gelben Seiten" zeigten mir einen Bogenhändler in Burgauberg, einige Kilometer von Fürstenfeld.
Gleich am nächsten Tag rief ich ihn an und vereinbarte einen Termin für Nachmittag.
Als ich beim Händler ankam, war ich von der Vielfalt der verschiedenen Bögen die an der Wand hingen sehr beeindruckt. Erst nach gut zwei Stunden, nachdem ich viele Fragen beantwortet hatte (war komplizierter als ich annahm) entschied ich mich für einen einteiligen Jagd- Recurvebogen aus Holz. Der Bogen war sehr leicht, optisch ansprechend gemacht und er gefiel mir ganz einfach auf Grund seiner Schlichtheit.
Zum Abschied meinte er auf meine Frage, ob ich nicht schon zu alt für diesen Sport wäre: "Man ist nie zu alt für diesen Sport und außerdem brauchen wir Weltmeister".
Na, verarschen kann ich mich selber auch, dachte ich bei mir. "Weltmeister, wie kommt er auf so was".

Nun war ich stolzer Besitzer eines eigenen Bogens und konnte nun nachschauen, ob es vielleicht auch einen Verein bei uns gibt. Denn mir war schon beim Gespräch mit dem Händler klar, dass hinter Bogenschießen mehr steckt als man gemeinhin annimmt.
Tatsächlich haben wir einen Verein in Fürstenfeld, den ich erst entdeckte als ich die Homepage des Österreichischen Dachverbandes, den OEBSV besuchte.
Also rief ich den Obmann des Fürstenfelder Vereines an und bat um Aufnahme in den Verein.

Der Beitritt war reine Formsache und ich trainierte nun fast täglich unter Berücksichtigung der Tipps, die ich von meinen Vereinskollegen bekam.
Sehr schnell wurde mir klar, dass ich doch ein gewisses Talent hatte, da ich mich natürlich mit den Kollegen verglich (wer ist nicht schon ein bisschen Eitel).

Noch im gleichen Jahr sprach mich unser Obmann an, doch an der steirischen Meisterschaft teilzunehmen die dieses Jahr in Vorau stattfand.
Ich stimmte dem Vorschlag zu und konnte mir doch wirklich die Bronzemedaille holen.

Von nun an war mein Ehrgeiz geweckt und ich trainierte das folgende Jahr 2003 gleichermaßen fleißig weiter und nahm auch an verschiedenen 3D-Turnieren teil.
Zur Erklärung: 3D-Turniere sind Jagdsimulationen, die in weitläufigem Gelände durchgeführt werden.
Und es ging dann weiter aufwärts.
Nach mehreren Steirischen und Österreichischen Meistertiteln in den Jahren war ich natürlich dabei, als es hieß: "Die Weltmeisterschaft 2006 ist diesmal in Sopron in Ungarn".
Das konnten wir uns nicht entgehen lassen. Eine Weltmeisterschaft praktisch vor der Haustüre!
Also entsandte unser Verein 9 Schützen, die 3D-Turniererfahrung hatten, nach Sopron.
Gleich nach unserer Ankunft entschlossen wir uns, die Gerätekontrolle durchführen zu lassen und uns anzumelden. Dadurch hatten wir am darauf folgenden Tag mehr Gelegenheit uns umzusehen und auch die Konkurrenten beim Training zu beobachten.

Zum Wettbewerb:
Es waren in Folge 4 Wettkampftage zu absolvieren, die alle gewertet wurden. Die täglich neue Gruppenzugehörigkeit wurde ausgelost.

Am 1.Tag war ich schon sehr aufgeregt, konnte aber feststellen, dass ich damit nicht alleine war. Einige verliefen sich schon bei der Aufstellung zur Gruppeneinteilung. Das Gelächter rundum entspannte die Schützen etwas.
Schwierig war wie immer bei einem Wettkampf, die Anfangsphase möglichst gut zu überwinden. Mir gelang dies sehr gut, da ich als Nicht- Favorit nur geringem Stress ausgesetzt war. Der erste Tag verlief auch relativ locker und ich brachte daher ein normales Durchschnittsergebnis ins Ziel.
Im Ziel angekommen, sah ich sehr viele Schützen mit langen Gesichtern. Sogleich wurde ich nach meinem Score gefragt und musste kurz danach zu meiner Überraschung feststellen, dass ich in Führung lag.
Jetzt würde es schwierig werden denn ich wusste, dass meine Konkurrenten, die schon viel länger als ich den Bogensport betrieben, einfach nur einen schwachen Start hatten.
Nun kam es darauf an, ob ich mental in der Lage war die folgenden drei Tage gleichmäßig zu bewältigen.
Hier kam mir unser Obmann mit seiner langjährigen Erfahrung zu Hilfe.
Er empfahl mir, ich sollte so schießen wie ich auch an andere Turniere herangehe und einfach nur das tun was ich mir selbst zutraue. Vor allem sollte kein "muss" Denken entstehen.

Die folgenden drei Wettkampftage dachte ich immer an diesen Tipp. So schaffte ich es, wenn auch nur knapp, die Gesamtführung die ich am 1. Tag herausholte trotz einzelner Rückschläge zu verteidigen.
Mein härtester Gegner war ein Finne, der in den Zwischenwertungen immer wieder die Führung übernahm.
Er war ein ebenbürtiger Gegner und die Ruhe in Person, wie es schien. Aber auch ich gab mir den Anschein von Gelassenheit, obwohl mein Herzklopfen zwischendurch wohl einige Meter weit zu hören war.

Ja, und tatsächlich sah ich meinen Namen am Abend des 4. Tages auf der Gesamtergebnisliste auf dem 1.Rang.
Die Freude war groß, ich konnte es noch gar nicht fassen und kam aus dem Händeschütteln nicht mehr raus.

Die Siegerehrung bei einer Weltmeisterschaft hat schon ein besonderes Flair. Wenn der Name aufgerufen wird und man, möglichst lässig, zum Podest "schreitet", vom Österreich-Koordinator die Nationalflagge überreicht bekommt, die man dann ganz oben für die Fotografen hin und her schwenkt, ist ein unbeschreibbares Gefühl.

Diese letzten 5 Jahre haben mein Leben in vieler Hinsicht stark geprägt.
Über verschiedene Dinge, die mich vor Jahren furchtbar aufgeregt hatten, gehe ich jetzt milde lächelnd drüber hinweg.
Die mentale Stärke, die man in diesem Sport erreicht, kommt einem in den verschiedensten Lebenslagen zugute.
Meine Geschichte hat gezeigt, dass man mit über 50 noch lange nicht zum alten Eisen gehört.

Franz P.
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