Geschichten\Eiszander
Es bleibt natürlich nicht aus, dass man als Angler auf Grund sich ähnelnder Interessen auch die Jägerschaft trifft. Diese Begegnungen verlaufen, da sich Angler im Gelände ja nicht oder nur äußerst wenig bewegen, meist glimpflich, da der, den Nimroden angeborenen Jagdreflex nur durch sich bewegende Objekte aktiviert wird. Aber gemeinsame Leidenschaften verbinden eben, und noch mehr bei einigen magenwärmenden Getränken. Man erzählt sich dann dies und jenes, die Geschichten werden dann immer fantastischer.

Die meisten Angler können aber diesbezüglich locker mit einem Jäger mithalten. Eine Begebenheit möchte ich aber hier erzählen, bei der ich selbst dabei war und auch zugeben muss, dass dieses Erlebnis wirklich außergewöhnlich war.

Es ergab sich also, dass ich von einem Jagdfreund im Spätherbst eingeladen wurde, mit ihm an den Neusiedlersee zu fahren, um Enten zu schießen. Da ich selbst nicht schießen wollte, hatte ich dafür zu sorgen, die Zille, mit der wir vorhatten den Schilfgürtel zu durchkreuzen, zu steuern. Schon während der Hinfahrt zum See konnten wir feststellen, dass es ungewöhnlich kalt geworden war. Am See angekommen, wo mein Kollege die Zille verstaut hatte, sahen wir schon an einigen Stellen im Wasser dünne, großflächige Eisschichten schwimmen.

Dieser Umstand konnte uns aber nur im ersten Moment beirren, denn wer eine Zille kennt, weiß schon, dass man mit diesem schweren stabilen Boot (7 m lang, 1,6 m breit) hier im noch dünnen Eis zwar nicht rudern, aber ohne Probleme mit staken weiterkommt.

Also dann, mit vereinten Kräften die Zille ins tiefere Wasser geschoben und eingestiegen. Mein Jagdfreund stellte sich am Bug (natürlich in Fahrtrichtung) in Positur und gab die Richtung leise murmelnd an.

Wir schafften es tatsächlich, uns nahezu lautlos zu bewegen. Nicht zuletzt meines Geschickes wegen. Nach etwa einer halben Stunde sehr langsamer Fahrt durch die Schilfkanäle erreichten wir eine der zahlreichen Lichtungen (schilffreie Stellen) und machten hier am Rande der Lichtung, noch im Sichtschutz des Schilfes eine Rauchpause.

Wir hatten noch nicht fertig geraucht, da kam urplötzlich ein Trupp Enten von vorne in unsere Richtung geflogen. Hier musste ich die Gelassenheit meines Kollegen bewundern, den offenbar nichts erschrecken konnte. Ohne Hast nahm er das Gewehr hoch, nahm eine Ente die sich etwas seitwärts des Trupps befand aufs Korn, und schon krachte es. (Nach der Stille bisher eine Marter für meine Ohren). Die Ente fiel wie ein Stein zu Boden und durchschlug nur wenige Meter von uns entfernt das dünne Eis.

Und da geschah das Unglaubliche. Ein Zander mit einem Gewicht von immerhin 2,85 kg, der sich wohl zufällig genau hier aufgehalten hatte, sprang (vermutlich vor Schreck) unmittelbar nach dem Einschlag aus dem soeben entstandenen Loch, fiel nur wenige Zentimeter neben dem Loch auf die nur millimeterdicke Eisdecke zurück und klebte augenblicklich am Eis fest.

Diesmal war es mit der zur Schau gestellten Gelassenheit meines Kollegen vorbei, von mir gar nicht zu reden. Uns beiden stand sicher eine Weile der Mund offen, nur gut, dass uns in dieser Situation keiner sah.

Dann, nach ein paar Metern mit dem Boot löste ich den Zander vom Eis und tötete ihn weidmännisch (hier gab ich mir keine Blöße) und schnappte auch gleich die Ente.
Mehr ist dazu nicht zu sagen, wir hatten unter ganz besonderen Umständen Beute gemacht und waren sehr zufrieden. Der Rest des Nachmittags am See verlief ohne Besonderheiten, aber brachte meinem Kollegen noch zwei Enten.

Franz P.
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